Wir haben es geschafft: TEILZEIT.TALENTE wird zum Großteil von Mitgliedern getragen. Gerade unterstützen uns 126 Menschen mit insgesamt 1.032 € pro Monat.
Damit sind wir natürlich nicht saniert, aber für uns ist das ein toller Erfolg, auf den wir aufbauen können.

Und es ist für mich das erste Mal, dass eine meiner Geschäftsideen mehr als 100 Kund:innen überzeugt.
Das ist Anlass genug, hier zu reflektieren.
Die Ausgangslage
Seit gut zweieinhalb Jahren verschicke ich meinen Newsletter mit anspruchsvollen Teilzeitjobs, ursprünglich aus meiner eigenen Jobsuche heraus. Seit eineinhalb Jahren bin ich zusammen mit Johanna als TEILZEIT.TALENTE unterwegs.
Nach einer Experimentierphase haben wir Ende 2024 das erste Mal gemeinsam Umsatz gemacht, mit Jobinseraten, die wir an Unternehmen verkauft haben.
Nach anfänglichen Erfolgen haben die Buchungen im Juni für 6 Wochen einfach aufgehört. Das war frustrierend und ich war kurz vor dem Hinschmeißen.
Gleichzeitig habe ich seit dem ersten Newsletter viel Unterstützung und Zuspruch erfahren, so dass ich auch eine Verpflichtung gespürt habe. Viele Jobsuchende fühlen sich von unserem Projekt in dem ganzen schwierigen Arbeitsmarkt für Teilzeitkräfte endlich mal gesehen. Einfach aufgeben war deswegen keine leichte Option.
Dieses Gefühl wollte ich auflösen, in dem wir die Jobsuchenden direkt um Geld fragen. So konnte ich nur gewinnen:
- Wenn es klappt: Super, dann lohnt sich all die Arbeit und wir können weitermachen.
- Wenn es nicht klappt: Schade, aber dann habe ich alles versucht und auch das Gefühl der Verpflichtung löst sich. Im Zweifel habe ich mir diese auch nur eingebildet, weil doch niemand Geld bezahlt.
Kampagnenvorbereitung
Als wir im Juli die Entscheidung für einen letzten Versuch mit einem Mitgliedschaftsmodell getroffen haben, haben wir uns in der ruhigen Sommerzeit an die Arbeit gemacht:
Technische Umsetzung klären
Ich habe mich bei Steady (Alles, was unabhängige Medienmacher:innen brauchen, um eine starke Mitglieder-Community aufzubauen und zu managen) angemeldet und den bisherigen Newsletter dort nachgebaut, inklusive Paywall.
Das war so leichtgängig, dass ich mir die amerikanischen Alternativen wie Substack und Patreon gar nicht mehr im Detail angeschaut habe.
Mitgliedschaft ausgestalten
Steady empfiehlt, drei unterschiedliche Mitgliedschaftspakete anzubieten. Damit haben wir uns zu Beginn etwas schwer getan. Unsere Idee war von Anfang an, dass der Job-Newsletter das Herzstück der Mitgliedschaft ist, allerdings verstärkt mit Community-Events.
Ich habe dann einen ersten Entwurf unserer Mitgliedschaftsseite gestaltet und sie mit der Bitte um Feedback an ausgewählte Abonennt:innen und Partner:innen verschickt.
Neben vielen Punkten, mit denen ich die Mitgliedschaft verständlicher und stimmiger ausgestalten konnte, war vor allem ein sich widersprechendes Feedback erst verwirrend und hat mich dann auf die richtige Fährte gebracht:
- Ihr seid zu teuer: Die Leute zahlen nichts für Inhalte im Internet!
- Ihr seid zu billig: Ihr wollt Live-Events machen für diesen schmalen Taler. Seid ihr wahnsinnig?
Als Lösung habe ich dann die Community-Events und den Job-Newsletter entbündelt, so dass jede:r das zahlt, was man auch nutzen möchte.
Preise bestimmen
Womit wir schon beim nächsten schwierigen Punkt sind: was darf es denn kosten?
Privatpersonen direkt nach ihrer Zahlungsbereitschaft zu fragen, ist aus meiner Sicht sinnfrei. Erstens wissen wenige, wie viel sie wirklich zahlen würden und zweitens sind viele zu nett, um die Wahrheit auszusprechen.
Ich habe vor ungefähr zwölf Jahren mal einen Vortrag eines Pricing-Experten gehört, der mir im Gedächtnis geblieben ist: "Pricing - from Art to Science and back."
Also: einfach aufs Bachgefühl hören!
Das hat bei uns 7 € für das kleine Paket gesagt, 17 € für das mit den Events und 27 € für alle besonders großzügigen Spender.
Ziel festlegen
Zu jeder Mitgliederkampagne gehört ein Ziel. Das motiviert potenzielle Mitglieder und auch einen selbst.
Als grobe Faustregel gibt einem Steady an die Hand: Bei guten Projekten zahlen 5% aller Abonnent:innen ungefähr 5 €.
Wir hatten im Sommer rund 2.200 Abonnent:innen. Also würde bei Steadys Faustregel (5% von 2.200 zahlen 5 €) 550 € pro Monat rauskommen.
Das war uns erstens zu wenig.
Und zweitens waren wir überzeugt, dass wir mit der Erleichterung der Jobsuche einen sehr starken Bedarf decken.
Also haben wir unser Ziel auf 1.000 € festgelegt.
Die Kampagne
Genau vor vier Wochen, am 17.09., haben wir an alle Abonnent:innen eine Email verschickt und die Einführung einer Mitgliedschaft angekündigt. Am ersten Tag hatten wir 25% unseres Zieles erreicht, nach der ersten Woche 50%.
Langsam und stetig sind wir dann in den drei darauffolgenden Wochen den 100% entgegen gekrochen, bis wir sie gestern erreicht haben.
Unsere Kampagne bestand aus den folgenden Bausteinen:
Unsere Geschichte per Video und Podcast erzählen
Wir haben einen kurzen Pitch per Video und eine 15minütige Folge zur Mitgliedschaft in Johannas TEILZEIT.TALENTE-Podcast aufgenommen.
Unser Pitch
Auch wenn das Video jetzt keine Reichweitenrekorde auf LinkedIn oder Youtube gebrochen hat, ist es nach meiner Intuition wichtig: Es ist auf unserer Mitgliedschaftsseite eingeblendet und dadurch werden wir als Personen, die hinter dem Angebot stehen, sichtbar.
Die Vorteile der Mitgliedschaft in mehreren Newslettern betonen
Das empfiehlt Steady mit Nachdruck: Die Abonnent:innen immer wieder darauf hinweisen, dass es eine Mitgliedschaft zu erwerben gibt und was die Vorteile davon sind.
Das kann nervig wirken, aber für mich als Absender war es eigentlich schön. Endlich konnte ich mein in den zweieinhalb Jahren gesammeltes Wissen über den Jobmarkt für Teilzeitkräfte auch mal anbringen.
Insgesamt habe ich über die ersten drei Wochen unserer Kampagne fünf Emails verschickt (neben den wöchentlichen Newslettern mit den Jobtipps).
Das hat uns insgesamt sicherlich 100 Abonnent:innen gekostet. Gleichzeitig haben die Mails zuverlässig für einen kleinen Peak bei den Mitgliedschaftskäufen gesorgt.
LinkedIn-Kampagne mit Influencerinnen
Auf LinkedIn wollten wir neben unserer Kampagne auch eine Bühne für unser Thema Karriere und Arbeiten in Teilzeit bereiten.
Dazu hat sich Johanna drei Interview-Fragen ausgedacht, die wir Influencerinnen (es haben tatsächlich außer mir nur Frauen mitgemacht) geschickt haben. Daraus sind wirklich schöne und authentische Beiträge geworden, zum Beispiel mit Anika Schmidt und Franziska Büschelberger.
Das hat uns viel Sichtbarkeit und Glaubwürdigkeit im Kampagnenzeitraum gebracht.
Pressearbeit und Multiplikator:innen
Wir haben hemdsärmelig eine Pressemitteilung verfasst und die kostenlos über OpenPR versendet. Der Effekt: Null.
Auch persönlich Journalist:innen anschreiben, das hat gar nicht funktioniert.
Multiplikator:innen haben aus den verschiedensten Gründen abgewunken. Am Ende war ich in dem SecondBloomers Podcast und der Newsletter des Impact Hubs hat uns gefeatured (hier kamen tatsächlich ein paar Mitglieder her).
Ausblick
Beim Schreiben habe ich gemerkt, dass die Kampagne selbst schon ein Kraftakt war. Und sie baut auch auf viel Vorarbeit auf:
- auf zweieinhalb Jahre Arbeit und Beharrlichkeit, in der ich den Newsletter für alle Abonnent:innen kostenlos verschickt habe
- auf Johannas Vernetzung, Sichtbarkeit und Autorität, die sie sich zu dem Thema Karriere in Teilzeit über die letzten Jahre aufgebaut hat.
Damit ist auch klar, was TEILZEIT.TALENTE ist: Ein Creator Business. Also ein Geschäft, das auf der kreativen Arbeit seiner Gründer:innen und auf den Beziehungen zu Menschen basiert.
Ein Creator Business braucht viel Leidenschaft und Arbeit bis diese überhaupt bezahlt wird. Und auch dann wird es langsam wachsen.
TEILZEIT.TALENTE ist damit definitiv kein Startup. Schnelle Skalierung ist hier nicht in Sicht.
Deswegen wird es uns auch nicht so bald unser Leben in der teuren Stadt finanzieren. Aber Johanna und ich haben beide ein stabiles Setting gefunden, in dem wir TEILZEIT.TALENTE nebenberuflich weitermachen können.
Und unsere gemeinsame Firma macht mir jetzt noch mehr Freude. Für mich ist es ein großer Unterschied, ob ich für 2 Anzeigenkunden arbeite oder für 126 Mitglieder. Die 126 Mitglieder zeigen mir, der Job-Newsletter hat direkt einen Wert und den erarbeite ich gerne.
Und die Anzeigenkunden dürfen natürlich trotzdem gerne kommen.